Sie wird stets für die immer engere Zusammenarbeit europäischer Staaten, die Entwicklung der Gemeinschaft bis zur EU sowie des nicht abgeschlossenen Prozesses der europäischen Einigung bezeichnet – gemeint ist die Europäische Integration. Zur Bedeutung für die Grenzregion Kärnten interviewte Europe Direct Kärnten Manager Marc Germeshausen den Präsidenten des Europahauses Klagenfurt. Prof. Dkfm. Valentin Petritsch und den Leiter der EU-Koordinationsstelle des Landes Dr. Johannes Maier.
Wie können wir den immer engeren Zusammenschluss der europäischen Staaten schaffen?
Petritsch: Die einzelnen Staaten sollen sich wieder auf das Grundkonzept der Europäischen Gemeinschaft zurückbesinnen. Weniger Egoismus dafür mehr Solidarität und vor allem gemeinsam nach außen auftreten: Europa muss als Gesamtheit in der Welt präsent werden.
Welche Arten der Kommunikation sind dabei notwendig?
Maier: Es geht nichts über einen Dialog mit den Bürger*innen. Dabei muss zunächst einmal dargestellt werden, was die EU auch tatsächlich ist und machen kann und in welchen Bereichen sie nicht zuständig ist. Im Dialog müssen die Bürger*innen in die Lage versetzt werden, auch ihre Kritik und Wünsche zu äußern. Die Konferenz über die Zukunft Europas ist jetzt eine gute Chance, wo die Bürger*innen, ihre Vorschläge einbringen können.
Inwiefern profitiert Kärnten bzw. der Alpen-Adria-Raum von der „Europäischen Integration“?
Maier: Kärnten war ein Grenzland. Mit dem Entfall der Grenzen erfolgte die Öffnung nach Süden, zunächst nach Italien und mit der großen EU-Erweiterung auch nach Slowenien und Kroatien. Die Menschen im Alpen-Adria-Raum finden wieder zusammen, wie das schon historisch der Fall war. Davon profitieren wir natürlich wirtschaftlich ganz gewaltig.
Kärnten ist Vorreiter in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Wie kann man den Satz „Die kleine EU in der großen EU“ verstehen?
Maier: Wir sind ein einzigartiger Knotenpunkt dreier großen Kulturen. Alle EU-Rechte und Freiheiten, wie die freien Grenzen, der freie Handel, die Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg, können wir in unserer „kleinen EU“ mit Kärnten/Österreich, Italien, Slowenien und Kroatien unmittelbar voll auskosten. Wir sind auch eine Art „Experimentierfeld“ für weitere europäische Zukunftsentwicklungen, die wir im kleinen Raum vorweg ausprobieren können. Dabei nützen uns ebenso die vielen Fördermöglichkeiten der Union.
Welche Aufgaben muss die EU in der Zukunft erfüllen, um die europäische Integration nach vorne zu treiben?
Petritsch: Sie muss sich in der Welt stärker positionieren. Das ist ihre neue Hauptaufgabe als supranationale Gemeinschaft. Dazu gehört das große Thema der Klima- und Energiewende, die Europa anstrebt und in die ganze Welt hinausgetragen werden muss. Eine geeinte Außenpolitik für Krisenherde in der Welt ist wichtig, damit löst man auch Migrationsprobleme. Das sind einige zentrale Punkte für die Zukunft der Union. Damit kann sie Erwartungen der Bürger*innen erfüllen. Und dies muss auch personell, durch eine führende Person auf EU-Ebene nach außen sichtbar sein.
Von der Gemeinde- über die regionale Ebene auf die Europäische: Jede Ebene hat ihre Aufgaben zu erfüllen. Wie kann man die Zugehörigkeit stärken?
Petritsch: Indem man einerseits dort wo EU „drinsteckt“ dies auch kundtut und anderseits durch Aufklärung, Information die Bewusstseinsbildung für die Europäische Gemeinschaft fördert. Jeder der vier Ebenen hat eigene Kompetenzen. Daher macht auch die Europäische Union nicht alles. Und die Zugehörigkeit zur Gemeindeebene oder zu Kärnten schließt nicht die Zugehörigkeit auf der EU-Ebene aus.
Was bedeutet für dich Herr Präsident, die EU-Bürgerschaft?
Petritsch: Zugehörigkeit zu einem großen Ganzen. Als EU-Bürger*in kann ich einzigartige Rechte ausschöpfen. Mit meiner e-Card werde ich in ganz Europa versorgt. Ich kann jede diplomatische Einrichtung eines EU-Staates auf der ganzen Welt nutzen, an der Europäischen Bürgerinitiative teilnehmen, Petitionen einreichen oder mich über Konsultationen aktiv zu EU-Gesetzen einbringen. Mein Anliegen kann ich jederzeit einem/r EU-Abgeordneten schicken. Das Europahaus Klagenfurt ist stets für die Anliegen der Bürger*innen bemüht und gibt auch gerne Feedback, Positionen und Fragen an die Europäische Kommission weiter.
Vielen herzlichen Dank für das Gespräch!
Prof. Mag. Dkfm. Valentin Petritsch war unter anderem über 20 Jahre lang Bürgermeister in der Marktgemeinde Velden am Wörthersee und steht seit fünf Jahren dem Verein Europahaus Klagenfurt vor.
Mag. Dr. Johannes Maier, MES ist seit über 25 Jahren Leiter der EU-Koordinationsstelle des Landes Kärnten und steht in vielen Belangen mit seiner EU-Expertise zur Verfügung.
Fotos: itsapic/KK